Breslau – Ein Wochenende mit meinen Eisenbahnern
Breslau – das war unser Ziel in diesem Jahr für die jährliche Tour mit meinen Eisenbahnjungs.
Breslau oder Wrocław, wie man auf Polnisch sagt, konnten wir mit dem Zug und einem Umstieg in Berlin sehr komfortabel erreichen. Das Hotel war direkt gegenüber des Bahnhofs und so der ideale tägliche Startpunkt, um die Stadt zu erkunden. Leider mussten wir unseren üblichen Reisemonat Februar auf Anfang Mai verschieben, da wir sonst nicht übereingekommen wären.
Ankunft in Breslau
Auf der Hinfahrt habe ich gelesen, dass die Brauerei Pinta in Breslau eine eigene Kneipe hat. Gut für uns zu Fuß zu erreichen und ich habe mich gefreut, dass die Jungs meinen Wunsch nachgekommen sind. Das alkoholfreie „Mini Maxi“ von Pinta gab es sogar aus dem Fass. Ich bin immer noch sehr überrascht, dass die Jungs mich bitten, ein Bier für sie auszusuchen, obwohl ich schon seit über sechs Jahren alkoholfrei unterwegs bin. Nach einem Bier und einem Gericht sind wir in Richtung Oder gegangen und haben uns an einer Getränkebude niedergelassen. Ein idealer Tagesausklang.
Breslau ist bereits unsere 18. gemeinsame Fahrt und ich habe keine Ahnung, warum wir es jetzt auf die Idee gekommen sind, in der Stadtführung zu buchen. Wir haben eine solche Führung für den zweiten Tag bei Walkative gebucht. Ein Festpreis zahlt man nicht, jeder gibt nach der Tour, was es einem wert gewesen ist. Wir hatten großes Glück mit unserem Stadtführer, Piotr. Ein sehr breites Wissen, sehr viel Aktualität, wusste die Gruppe anzusprechen. Mit einer guten Prise Humor und faszinierenden Deutschkenntnissen.
Bei der Stadtführung wurde wieder deutlich, was Kriege anrichten können. Der zweite Weltkrieg hat auch die damals deutsche Stadt Breslau verändert und wurde zum polnischen Wrocław. Menschen wurden vertrieben. Polen aus dem Osten, deren Gebiete russisch wurden und Deutsche aus den Gebieten, die nun polnisch geworden sind. Heute wieder sehr aktuell.
Die zweieinhalb Stunden sind im Fluge vergangen, leider, und wir haben einige Tipps erhalten, wo wir gutes Eis bekommen (Eiscafé Roma), abends essen können, was wir uns unbedingt ansehen sollten und wo ich eine große Auswahl Craftbeer entdecken kann.
Uns ist bereits morgens aufgefallen, dass sehr viele Menschen mit Gitarren auf dem Weg in die Innenstadt fahren und der Altstadtkern sehr voll gewesen ist. Direkt neben dem Rathaus war eine große Bühne aufgebaut und es war zu erkennen, dass an diesem Wochenende in Breslau ein großes Musikfestival stattfindet. Mit der Zeit erfuhren wir Details. Die Konzerte für das Festival fanden aber nicht in der Innenstadt statt, sondern in der etwas außerhalb gelegenen Jahrhunderthalle. Auf dem Platz vor dem Rathaus wollte man einen Rekord aufstellen. Es sollten so viele Gitarristen wie möglich zusammenkommen, die dann gemeinsam auf ihren Gitarren „Hey Joe“ von Jimi Hendrix spielen. Rekord geschafft, es waren 8.122 registrierte Gitarristinnen und Gitarristen vor Ort.
Als Gruppe hatten wir uns getrennt, und jeder nahm sich etwas anderes vor, zu unternehmen. Am Abend trafen wir uns im jüdischen Viertel in einer Milchbar zum Abendessen. Dort habe ich das Żywiec Białe 0.0% getrunken, ein gezapftes alkoholfreies Weißbier.
Eis, Craftbeer und usbekische Küche
Am dritten Tag, den 2. Mai 2025, haben wir Breslau mit Straßenbahn und zu Fuß erkundet. Mein persönliches Highlight war ein Besuch des Eiscafés Roma, dass unser Stadtführer Piotr empfohlen hatte. Faszinierend an diesem Eiscafé ist, dass es das bereits seit 1946 in der Stadt gibt Und heute gehört es zu den 20 besten Eiscafés in Europa. Vollkommen zurecht! Optisch war die Beliebtheit zu erkennen, vor dem Eiscafé bildete sich eine lange Schlange. Beeindruckend war aber, wie schnell die drei Frauen hinterm Tresen damit klargekommen sind. Eine Mitarbeiterin hat die Kasse gemacht und jeder bekam einen Aluchip, auf dem die Anzahl der Kugeln, die man bezahlt hatte, vermerkt war. Die zwei anderen Frauen nahm diese Chips entgegen und füllten Becher oder Waffel nach Wahl. Ein faszinierendes Eis.
Direkt im Anschluss sind wir dem nächsten Ziel nachgegangen. Keine 120 m entfernt war ein Geschäft ausschließlich für Craftbeer. Dort war der Bierprediger im Bierparadies. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mal eine so große Auswahl an Craftbeer gesehen habe. Und selbst die Auswahl an alkoholfreien Bieren fand ich umwerfend. Leider hatte ich keinen Sattelschlepper dabei, sonst hätte ich bedarfsorientiert einkaufen können. Alkoholfreies Bier aus Polen hat mich schon 2019 begeistert und daran hat sich ein den vergangen Jahren nichts verändert. Für mich ist es der aufstrebende Markt in Europa.
Am Abend suchten wir ein Restaurant in der Nähe des Hotels und fanden ein usbekisches Restaurant. Für uns alle die erste Begegnung mit der usbekischen Küche. Ich bin mir nicht sicher, ob es ausschließlich usbekische Gerichte gewesen sind. Uns hat es so gut gefallen, dass wir am nächsten Tag wieder dieses Restaurant aufgesucht haben.
Nach dem Abendessen haben wir wenige Meter vom Restaurant eine spannende Installation gesehen. An einer Kreuzung waren mehrere Menschen (Skulpturen) zu sehen, die in den Boden versunken und auf der anderen Straßenseite wieder emporgestiegen sind. Es ist das Denkmal des anonymen Passanten. Toll!
Weiter ging es ins jüdische Viertel. Der Stadtführer hat empfohlen, dass wir uns die Neon Side Gallery anzusehen. In dieser Gegend wurden Neon-Werbeschilder produziert und sie wurden später nach und nach zurückgeholt. In einem Hinterhof hängen diese Schilder & Schriftzüge und werden bei Anbruch der Dunkelheit beleuchtet. In diesem Hinterhof hat sich Gastronomie festgesetzt, für uns gab es aber keine Sitzgelegenheiten. Im jüdischen Viertel gibt es aber viel Außengastronomie und wir haben uns zum Bier vor ein Lokal gesetzt.
In Breslau ist es uns aufgefallen, dass viele unterschiedliche Bier vom Fass angeboten werden: Pils, Lager, IPA, Gose, … Beim alkoholfreien Bier war die Auswahl identisch. Ab und an gab es ein alkoholfreies Bier sogar vom Fass. Hier habe ich das High Octaine OW40 (IPA) und das OW50 (Mango-Sour). High Octaine ist eine Brauerei aus Breslau.
Der jüdische Friedhof
Der Folgetag war geschichtsträchtig. Wir haben den jüdischen Friedhof besucht. Der jüngste Grabstein, den ich gesehen habe, war vom Jahr 1939. Alle anderen waren weitaus älter. Wir haben dort viele Stunden verbracht. Es war sehr beeindruckend.
An dem Tag haben wir eine längere Pause am Nachmittag eingelegt, denn vor der Hoteltür erwartete uns Starkregen und Gewitter. Am Abend machten wir einen Spaziergang und tranken am Schweidnitzer Keller ein letztes Bier in Breslau.
Rückreise und andere Katastrophen
Es folgte am Folgetag die Rückreise und auf der polnischen Seite war sie noch schön. Zum Glück haben wir da bereits Absprachen für das nächste Jahr getroffen.
Unser Zug fuhr nicht bis Berlin, er endete bereits in Frankfurt / Oder. Zwischen Frankfurt / Oder und Berlin Hbf war eine Baustelle. Dort durften wir in den Schienenersatzverkehr umsteigen. Vor dem Bahnhof standen viele Busse und es war nicht zu erkennen, welches Ziel sie hatten. Ich denke, es waren nicht nur Passagiere aus unserem Zug. Mit Mühe und Not sind wir in einen Bus gekommen, nur einem von uns wurde der Zustieg verweigert. Wir dachten, es kommt mit einem anderen Bus nach, aber es fuhr keiner mehr in absehbarer Zeit. Die Deutsche Bahn hatte einfach zu wenig Busse für die Anzahl der Reisenden eingesetzt. Vor Ort habe ich nur einen Ansprechpartner der Bahn gesehen und er war mit der Situation überfordert. Es war chaotisch.
Da ich die Gruppenfahrkarte hatte, musste sich unser Kollege eine Fahrkarte kaufen und wir fuhren getrennt heim. In dieser Konstellation sehen wir uns nur einmal im Jahr und es war daher umso trauriger, dass die gemeinsame Fahrt so endete und wir uns nicht verabschieden konnten.