Heinzlein & Hansla – alkoholarmes Bier aus Bamberg

Vor einem Monat habe ich bei der Präsentation von Mareike Hasenbecks Buch „Bier unser“ Michael kennengelernt. Michael braut in Bamberg das Aecht Schlenkerla Rauchbier. Er hat mir begeistert von dem Heinzlein und der Geschichte dahinter erzählt. Da ich Geschichten zum Bier immer mag, hat er auch mein Interesse geweckt und ich wollte das Heinzlein probieren. Was ich jetzt auch konnte.

Das Heinzlein ist ein alkoholarmes Bier, das nach einem uralten Rezept gebraut wird. Es ist so alt als das Trinkwasser  nur mit größter Vorsicht zu genießen war. Das war mit krankheitserregenden Keimen belastet und daher gesundheitsgefährdend. Bei Bier war das anders, da das Wasser während des Brauprozesses abgekocht wird und sich Keime auch sonst im Bier nicht besonders wohlfühlen. Die Bamberger Brauer stellten nach einem speziellen Brauverfahren zusätzlich zu den üblichen Gebräuen ein Bier her, das wegen seines besonders niedrigen Alkoholgehalts auch an die schwer arbeitende Bevölkerung und sogar an Kinder ausgeschenkt werden konnte: das Heinzlein. Mit Verbesserung der Trinkwasserqualität, verschwand das Heinzlein Anfang des 20. Jahrhunderts aus dem Angebot der Bamberger Brauereien. Heute wird es nach original historischem Rezept im Kupferkessel gebraut und darf im kühlen Felsenkeller. An Kinder wird es natürlich nicht mehr ausgeschenkt.

Eben habe ich vom alkoholarmen Bier geschrieben. Das stimmt, denn es ist kein alkoholfreies Bier. Die beiden Sorten von Heinlein (hell und dunkel) haben jeweils einen Alkoholgehalt von 0,9 %. Nach deutschem Recht ist es kein alkoholfreies Bier, denn dann hätte es bei einem Alkoholgehalt von maximal 0,5 % sein dürfen. Wäre aber das Heinzlein ein Traubensaft, dann dürfte er als alkoholfrei bezeichnet werden. Bei Traubensaft liegt die Grenze bei 1,0 % Alkoholgehalt. Klingt komisch, ist aber so.

Das Heinzlein Hell schmeckt mir ausgesprochen gut. Es hat Körper und der Hopfen ist dominant. Auf der Internetpräsenz des Bieres steht, dass das helle Heinzlein ein toller Durstlöscher ist. Stimmt.

Das Heinzlein Dunkel trifft nicht meinen Geschmack. Die Aromen des Rostmalz stechen hervor, aber im Abgang ist das Bier recht dünn. 

Das Heinzlein kommt von Heller-Bräu aus Bamberg und Heller-Bräu ist auch die Heimat vom Aecht Schlenkerla Rauchbier. Das Schlenkerla gibt es seit dem 14. Jahrhundert. Der Name Heller kam im Jahr 1767 zum ersten Mal vor. Da hat Johann Wolfgang Helles, Büttner zum Blauen Löwen, das Schlenkerla übernommen. Auf der Internetseite www.schlenkerla.de kann man die spannende Geschichte der Brauerei nachlesen. Schaut man sich dazu die Seite www.heinzlein.de an, bekommt man einen schönen geschichtlichen Überblick, wie sehr sich die Programmierung von Internetpräsenzen im Laufe der Zeit gewandelt hat. 

Schlenkerla hat kein alkoholfreies Bier, aber ebenfalls ein alkoholarmes Bier mit 1,2 %. Beim Rauchbier gibt es zwei Seiten. Entweder man liebt das Raucharoma oder man findet es weniger toll. Ich gehörte zur zweiten Fraktion, aber ich habe jetzt das alkoholarme Bier probiert.

Das Hansla, wie das alkoholarme Schlenkerla genannt wird, hat einen identischen geschichtlichen Hintergrund wie das Heinzlein. Informativ hierzu ist die Homepage. Den Inhalt habe ich unter dem Blog in einen Infoblock gepackt. Ich hoffe, die Brauerei hat nichts dagegen.

2017 habe ich an einem Bierseminar bei Michael Klein von Maisel & Friends teilgenommen und habe zum letzten Mail ein Rauchbier getrunken. Ich hatte es probiert. Es hat mir zu stark wie ein flüssiger geräucherter Schinken geschmeckt. Beim Hansla kam mir der Schinkengeschmack nicht so stark vor. Es wäre aber gut gewesen, wenn das Hansla identisch rauchig gewesen wäre, denn das Bier kam mir persönlich recht flach daher.

Mein Fazit: Das Heinzlein gefällt mir und das helle Heinzlein besonders. Wer aus unterschiedlichen Gründen auf Alkohol verzichten möchte und es nicht zu dogmatisch nimmt, dem möchte ich das Heinzlein empfehlen. Lieber Michael, ich danke dir für die Empfehlung.

Infoblock
In der entwickelten Welt haben wir uns heute daran gewöhnt, immer und überall Wasser in Trinkqualität verfügbar zu haben. Garant hierfür sind ein effizientes Abwassersystem nebst Reinigungsanlagen sowie ein hygienisches Wassernetzwerk. Während es im Rom der Antike mit den Aquädukten und Kloaken bereits ähnlich gut funktionierende Vorläufer der heutigen Technik gab, war Europa vom Mittelalter bis weit ins 19. Jahrhundert nicht so fortschrittlich. Abwässer wurden ungereinigt  entsorgt, meist sogar einfach auf die Straße gekippt oder direkt in Flüsse eingeleitet. Gerbereien,  in denen besonders viel und stark verschmutztes Wasser anfiel, durften daher z.B. immer nur flussabwärts innerhalb der Stadt angesiedelt sein. Die Menschen schöpften ihr Wasser aus örtlichen Brunnen oder aus Oberflächengewässern. Das so gewonnene Wasser war fast immer keimbelastet und konnte beim direkten Verzehr Krankheiten verursachen. Wer es sich leisten konnte, trank daher kein pures Wasser, sondern verwendete dies nur zum Kochen. 

Das Getränk der Wahl war dagegen Bier: Da es im Brauprozess gekocht wird, werden im Brauwasser eventuell vorhandene Keime abgetötet. Zudem hat der Hopfen von Natur aus eine keimhemmende Wirkung. Und vor allem sorgt die Gärung für konservierenden Alkohol sowie einen niedrigen pH-Wert, bei dem pathogene (d.h. krank machende) Keime nicht überleben können. Natürlich waren den Menschen im Mittelalter diese wissenschaftlichen Hintergründe nicht bekannt, aber aus Erfahrung wußten sie sehr wohl, daß man von Wasser krank werden konnte, von Bier dagegen nicht. 

Die fürs Durststillen damals gebrauten Biere hatten weniger Alkohol als Normalbiere der Gegenwart,  sondern waren eher mit heutigem Schankbier vergleichbar (2,5-4,5% Alkohol). Im Grundriss des Klosters St. Gallen von ca. 830 n.Chr. findet sich für solche Biere sogar ein eigene Brauerei (neben zwei weiteren für stärkere Biere). In den Klöstern wurden solche Niedrig-Alkohol-Biere als „Kofent“ bzw. „Kovent“ bezeichnet, aber auch der Begriff „Speisebier“ war gebräuchlich. In Bamberg ging man sogar noch einen Schritt weiter: Mit einem speziellem Sudverfahren und extra viel Hopfen braute man besonders alkoholarme Biere, die für die körperlich schwer arbeitende Bevölkerung aber auch für Kinder gedacht waren. 

Mit dem Schlenkerla Hansla wird diese alte Tradition heute fortgesetzt und so entsteht ein alkoholarmes (0,9% Alk./Vol.), sehr hopfiges und unfiltriertes Schlenkerla Rauchbier. Gleichzeitig hat das Hansla nur 13 Kalorien je 100ml, also nur 65 Kalorien je Seidla. 

alkoholarm oder alkoholfrei?
< 1,2% alk./vol. = alkoholarm
< 0,5% alk./vol. = alkoholfrei
Die Alkoholfrei-Grenze wurde vom Gesetzgeber festgelegt und variiert je nach Getränketyp. Traubensaft ist z.B. bis 1% Volumenalkohol alkoholfrei.

Und komplett alkoholfrei?
Die wenigen Biere mit 0% Alkohol müssen über sehr aufwändige und teure technische Verfahren hergestellt werden. Daher gibt es solche Biere i.d.R. nur von industriell arbeitenden Großbrauereien. Als alkoholfrei bezeichnete Biere haben aus technischen Gründen meist einen Volumenalkoholgehalt von knapp unter 0,5% (das ist die gesetzliche Grenze). Bei diesen wird die Gärung durch Pasteurisation gestoppt, was den typischen süßen (manche würden sagen „nicht-bierigen“) Malzgeschmack erzeugt, den man gerade aus den alkoholfreien Weizenbieren kennt. Wie das Rauchbier Hansla und das Heinzlein sind solche Biere also auch nicht komplett frei von Alkohol. Beim alten Brauverfahren für Hansla & Heinzlein wird eine Stoppung der Gärung dagegen nicht durchgeführt, da die nötige Technologie dazu zu Hansla-Zeiten noch nicht erfunden war. Im Ergebnis ist der Alkoholgehalt etwas höher als in den alkoholfreien Bieren, aber der bierige Charakter bleibt erhalten.

https://www.schlenkerla.de/rauchbier/sorten/hansla.html