Bier aus Warburg – lecker und lehrreich

Letztes Jahr habe ich in Stralsund bei einem Seminar die Kollegin Andrea aus Warburg kennengelernt. Nachdem sie mitbekommen hat, dass ich ausschließlich alkoholfreie Biere trinke, hat sie mir von dem alkoholfreien Weissbier von der Warburger Brauerei vorgeschwärmt. Vergessen hatte ich es nicht, es war in meinem Kleinhirn abgespeichert.

Andrea und Anne besucht

Am 06. August 2021 ist meine Cousine Anne 66 Jahre alt geworden und ich habe mich zu einem Besuch bei ihr in Bad Sassendorf angekündigt. Als ich mir die Route mit der deutschen Bahn angesehen habe, ist mir aufgefallen, dass der Zug, den ich in Hagen besteigen sollte, bis nach Warburg fährt. Da ist mir glatt die Empfehlung von Andrea wieder eingefallen.

Zu verrückte Ideen gibt es für mich nicht. So bin ich über Warburg nach Bad Sassendorf gefahren. In Warburg angekommen habe ich mich von meinem Smartphone zum nächsten Getränkemarkt führen lassen. Dort stellte ich fest, dass auf der anderen Straßenseite das Büro von meiner Arbeitskollegin Andrea ist. Das wusste ichtatsächlich nicht. Ich machte mich bemerkbar, dass ich vor ihrem Büro stehe und sie fragte, was ich denn in Warburg wollen würde. Ich antwortete ihr, dass ich Bier kaufen muss. Warburg ist ja „nur“ 170 km von meinem Zuhause entfernt. 

Mit Andrea habe ich etwas geplaudert und suchte anschließend den Getränkemarkt erneut auf. Dort kaufte ich das alkoholfreie Weissbier, den alkoholfreien Radler und die Kohlschein-Brause in den Geschmacksrichtungen Cola-Orange, Orange und Zitrone. Für den Mann an der Kasse schien ich eine Attraktion gewesen zu sein, da ich mit meiner Uhr bezahlt habe und er so etwas noch nie gesehen hat. Willkommen im 21. Jahrhundert.

Die Warburger Brauerei – gestern und heute

Wo wir auch schon bei der Geschichte sind. Bereit im 14. Jahrhundert wurde das Warburger Bier lobend erwähnt. So steht in der Chronica Westphaliae: „In dieser Stadt Warburg brauet man ein herrlich gut Bier.“ Vor ziemlich genau 300 Jahren, im Jahr 1721, hat Johannes Jodokus Kohlschein die Braurechte von der Stadt Warburg erhalten. Erst im Jahr 1984 wurde die Brauerei von der Innenstadt etwas außerhalb von Warburg verlegt. In einer ehemaligen Papiermühle mit eigener Strom und Wasserversorgung fand dort die Brauerei ihre neue Heimat. Bemerkenswert ist, dass die Brauerei seit 300 Jahren im Familienbesitz verblieben ist.

Die Brauerei ist regional verankert. Die meisten Rohstoffe werden im direkten Umfeld produziert, für das Wasser hat man einen eigenen Brunnen und der Strom selbst wird durch ein eigenes Wasserkraftwerk erzeugt. Daher darf sich die Brauerei mit dem Siegel „Solarbier“ schmücken. Das Bier wird regional verkauft und die Brauerei unterstützt lokale Volksfeste und Festivals.

Auf der Homepage der Brauerei stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass in Warburg von einer Brauerei neben drei Brausen, einem Gin und einem Bierbrand sagenhafte 14 unterschiedliche Biere produziert werden. Das ist für mich eine sehr große Zahl, denn die Warburger Brauerei bezeichne ich nun nicht als eine bundesweit operierenden Brauerei und die entsprechend viele Kunden hat. Andere würden das als waghalsig bezeichnen, ich finde es ausgesprochen mutig. Unter den 14 Bieren sind aber auch saisonale Biere. Das entzerrt das Bild und zwei der 14 Biere sind alkoholfreie Biere: das alkoholfreie Weissbier und das naturtrübe alkoholfreie Radler.

Kohlschein Brause

Selbstverständlich habe ich auch die drei Limonaden probiert. Orange kann ich ganz schnell abhandeln. Ich finde Orangenlimonade grundsätzlich langweilig und ich habe bisher auch noch keine getroffen, die ich lecker gefunden habe. Die Kohlschein Orangenbrause hat daran nichts geändert. Der Cola-Orangen-Mix ist lecker. Auf der Flasche wird die karamellige Note geworden und die ist definitiv vorhanden. Toll! Aber der Hammer ist die Zitronenlimonade. Ich bin bei Zitronenlimonade sehr wählerisch, da in der Regel die Zitronenlimonaden für meinen Geschmack viel zu süß sind und selten sauer sind. Hier ist es aber sehr ausgewogen. Süß ist die Brause im Antrunk, aber auch sehr zitronig-sauer. 

Radler naturtrüb

Eine Bewertung des Radlers fällt mir identisch schwer wie beim Cola–Orangen–Mix. Das Radler aus Warburg ist durchaus trinkbar. Man schmeckt den Hopfen, man schmeckt die Zitrone, aber ein Radler wird nie mein Lieblingsgetränk sein. Obwohl manche alkoholfreie Biere durch eine Limonade aufgewertet wird. Aber bei der Warburger Brauerei ist das nicht so, das hat das Bier nicht nötig!

Schankbier und Stammwürze

Und dann machte ich mich bei der Brauerei, direkt bei einem der beiden Geschäftsführer, zum Affen. Auf dem Flaschenetikett vom Radler steht, es wird mit obergärigen alkoholfreien Schankbier hergestellt. Ich weiß nicht, was mich geritten hat, aber ich fragte, warum das alkoholfreie Schankbier nicht pur, also ohne Limonade, verkauft wird. Michael Kohlschein antwortet mir, dass sie es doch machen. Ich schaltete immer noch nicht und fragte, da ich ihn bei einem „Online-Feierabendbier“ getroffen habe, Olli Wesseloh von der Kehrwieder Brauerei, was es mit dem Schankbier auf sich hat. Er erklärte und ich formulierte im Kopf die Entschuldigung an Michael Kohlschein. In Gedanken habe ich die flache Hand gegen den Kopf geschlagen. Ich hätte besser das Brett vorm Kopf entfernen müssen. Der Begriff „Schankbier“ sagt etwas zum Stammwürzegehalt aus. Wer mehr dazu wissen möchte, dem kann ich den Artikel bei den Hopfenhelden empfehlen.

Für das Radler bedeutet es, dass es mit dem alkoholfreien Weißbier hergestellt wird. Und das wird verkauft und das ist auch gut so.

Bio-Weisse alkoholfrei

Die Bio-Weisse alkoholfrei, so der eigentlich Name, ist ein mit Liebe produziertes Bier. Neben der Liebe auch mit einem großen Aufwand. Um eine hohe Qualität zu generieren, hat die Familie Kohlschein einen erheblichen Aufwand betrieben und die Brauerei im Jahr 2016 erweitert und neue Gerätschaften angeschafft.

Ich denke eh, wenn eine der kleineren Brauereien den Aufwand für ein alkoholfreies Bier betreibt, dann steckt viel Liebe für das Produkt darin und das schmeckt man. Die Bio-Weisse alkoholfrei schmeckt fruchtig, dezent nach Banane & Brot. Es schmeckt nicht nach Bananenmus und Brottrunk und nicht nach einem isotonischen Sportgetränk.

Ich mag die Idee der Brauerei, gutes Bier für die Region zu brauen mit Produkten aus der Region. Das bedeutet aber auch, dass ich das Warburger Bier nicht so oft zu trinken bekomme. Das ist schade, aber die Vorfreude ist umso größer. Sollte die Familie Kohlschein die Idee haben, ein neues alkoholfreies Bier zu kreieren, bewerbe ich mich hiermit als Produkttester. 

In zwei Wochen treffe ich in Berlin meine Arbeitskollegin Andrea. Da werde ich mich für den Tipp bedanken und vom Bier aus Warburg schwärmen!