Die Renaissance des Dosenbiers
1975 bin ich geboren und da gehörte das Dosengetränk zu meiner Kindheit und Jugend. Eine Dose Cola oder Fanta war etwas besonderes, besonders eiskalt an einem Sommertag für 1,20 DM von der Bude der Familie Kalinowski an der Horster Straße. Ich fand es nur irritierend, wenn man in in Holland sogar Kakao aus der Dose bekommen hat. In der Jugend hat man sich spontan mit HoPiHaLiDo (Holsten-Pils Halbliterdose) an der Tankstelle eingedeckt. Die Geschäfte haben samstags um spätestens 16.00 Uhr die Pforten geschlossen. Und zu später Stunde spielte man mit den leeren Dosen den Turmbau zu Babel nach.
Mitte der 1990er Jahre änderte sich mein Umweltbewusstsein. Ich war sehr missionarisch unterwegs und erklärte jedem (auch denen, die es offensichtlich nicht hören wollten), wie umweltschädlich die Herstellung von Getränkedosen war. Aber ein Ende der Getränkedosen war absehbar. 1991 bereits hat der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer die Verpackungsverordnung erlassen. Das Mehrwegsystem sollte gestärkt werden und selbst ein Verbot von Getränkedosen aus Aluminium wurde geprüft. Die Verordnung besagte, wenn die Mehrwegquote unter 72 % sinkt, ist ein Einwegpfand einzuführen. 1998 hat das die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel bekräftig und ihr Nachfolger Trittin setzte es zum 01. Januar 2003 um. Übrigens hat die EU das Verbot der Getränkedosen im Vorfeld untersagt.
Ich kann mich noch erinnern, dass es zum Jahresende 2002 einen Run auf Getränkedosen gegeben hat. Um die Lager leer zu bekommen, wurden die Dosen deutlich vergünstigt angeboten. Besonders in Norddeutschland konnten aufgrund skandinavischen Touristen Hamsterkäufe vermeldet werden. Aber der Verkauf von Dosenbier ging ab 2003 deutlich zurück und es wurde vermehrt auf Bier im Mehrweggebinde gesetzt. Nur Discounter gingen (und gehen immer noch) einen eigenen Weg. Statt Bier aus der Dose wurde Bier in PET-Flaschen mit Schraubverschluss verkauft. Ich bin froh, dass sich das nicht durchgesetzt hat.
In den vergangenen Jahren ist der Anteil an Getränkedosen wieder gestiegen. Softdrinks gab es nach 2003 fast ausschließlich in bepfandeten PET-Flaschen (Ein- sowie Mehrweg). Dosen waren sehr selten. Mit den Jahren änderte es sich. Auffallend war, dass besonders Craftbeer-Brauereien gerne in Dosen abgefüllt haben.
Nun die berechtigte Frage: Warum ausgerechnet diese Brauer? Die Antwort ist einfach: das Licht. Durch das Licht werden Aromen beeinträchtigt, was den Geschmack beeinflusst. Selbst die braunen Flaschen sind keine Garantie. Die Inselbrauerei von Rügen wickelt daher die Flaschen in Papier ein. Beim Design der Dosen wird deutlich, dass die Craftbeer-Brauer nichts mit dem Image der herkömmlichen Dose zu tun haben möchten. Die Dosen sind intensiv bunt und kommen nicht spießig daher.
Ich persönlich werde weiterhin Bier hauptsächlich in der Mehrwegglasflasche kaufen. Mir erschließt sich oft der Grund nicht, warum ich ein Bier in einer Einwegverpackung kaufen soll, wenn ich es in der Mehrwegverpackung bekomme. Denn zurück zum Geschäft muss ich die leere Flasche oder Dose ja doch bringen. Die Mehrwegflasche kann bis 50 mal verwendet werden. Die Dose oder die Einweg-PET-Flasche kommt in den Automaten und werden getrennt geschreddert. Leider wird durch die Erhebung des Einwegpfands suggeriert, man tue etwas Gutes für die Umwelt. Der einzige Vorteil ist, man schmeißt die Dose nicht ins nächste Gebüsch.
Der Energieverbrauch für die Herstellung von Getränkedosen ist gigantisch. Die aus den gebrauchten Dosen gesammelten Rohstoffe reichen nicht aus, um 1:1 daraus wieder eine neue Dosen herzustellen. Es wird immer „frisches“ Aluminium benötigt. Auf der anderen Seite sagt man aber auch, dass die Dosen beim Transport im Vergleich mit den Mehrwegflaschen aus Glas leichter sind. Ja, das stimmt, aber die Einsparung ist so gering, dass sie nicht im Verhältnis steht.
Dennoch ist meine Neugierde so groß (das bezieht sich nicht auf alle auf dem Foto gezeigten Bierdosen), dass ich in Ausnahmefällen dennoch Dosenbier kaufe. Und mit dem Alter bin ich auch ruhiger geworden. Ich halte nicht mehr ungefragt einen Vortrag zur umweltfeindlichen Herstellung von Getränkedosen. Das ist für alle Beteiligten auch besser 😉 Jeder ist für sein Handeln verantwortlich, nur wir sollten uns immer hinterfragen, was für Folgen das haben kann. Gestern war der Weltüberlastungstag. Seit gestern leben wir bis zum Jahresende über unser Limit. Die Ressourcen. die die Erde uns zur Verfügung stellt, sind für das Jahr 2020 aufgebraucht.
Nun sagt der ein oder andere, dass doch diese eine Dose, die mal für die Zugfahrt gekauft worden ist, nicht die Erde zerstört. Bevor ich den Artikel geschrieben habe, war das auch mein Gedanke, aber die Recherche hat mich wieder auf den Boden der Realität gebracht. Ich muss da an einen afrikanischen Spruch aus dem Kindergottesdienst denken (aus meiner eigenen Kindergottesdienstzeit!):
„Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun, dann werden sie das Gesicht der Welt verändern.“
Spruch aus Afrika
Dosen haben den Voteil, dass sie beim Runterfallen keine Scherben sind und man sie an Orte mitnehmen kann, wo Glas verboten ist, zB ins Freibad
Hej Robert! Natürlich gibt es immer wieder Situationen, bei denen es sich lohnt auf Dose oder PET auszuweichen. In meinem Artikel habe ich ja selbst geschrieben, dass ich hauptsächlich Glas kaufen werde und nicht grundsätzlich. Aber ich kenne auch Haushalte, die ausschließlich Getränke in Dosen kaufen. Da möchte ich gerne zum nachdenken anregen 😉